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Ein
Wort des Regisseurs
Wer kennt sie nicht aus fernen Sekundarschultagen, Gotthelfs <Schwarze
Spinne>, diese grausige Sage, in der ein wüster Ritter die
Bauern zwingt, hinter seine neue Burg einen Schattengang mit
100 grünen ausgewachsenen Buchen zu pflanzen! Wer könnte
vergessen, dass die verzweifelten Bauern schliesslich die Hilfe
des Teufels in Anspruch nehmen - gegen ein ungetauftes Kind!
Dieser kraftvollen, urwüchsigen Ausgangslage konnte ich mich
nie entziehen und lange gärte der Wunsch in mir, dieses Stück
auf die Bühne zu bringen. Jetzt ist es da:
In einer spektakulären Freilichtaufführung, die die Dinge
zeigt, wo andere zum Erzähler greifen, erleben Sie das Schicksal
der Bauern mit. Sie fiebern mit, wenn sich die Bauern aus dem Zangengriff
von Ritter und Teufel zu winden suchen. Sie sehen die Tricks und
Mätzchen der Menschen, deren Stimmungs- und Meinungswechsel,
das Schuld-Zuweisen und Sich-Herausreden bis zum Verrat. Sie erleben
mit, wie das Haschen nach dem schnellen Vorteil schliesslich in
die Katastrophe führt - und Sie fragen sich dabei ständig:
Hätte ich die Kraft, in dieser Lage auf dem rechten Weg
zu bleiben? Eine junge Mutter opfert sich schliesslich und sperrt die schwarze
Spinne ein. Erschöpft und erlöst atmen die Menschen auf;
sie sind gerettet.
Was soll uns diese Geschichte heute noch sagen,
eine Geschichte, die selbst Gotthelf im tiefsten Mittelalter ansiedelt?
Eine Geschichte, die wir losgelöst vom Emmental uns kaum vorstellen
können? Wer erträgt in unserer Zeit noch die unerbittliche Moralkeule,
die Gotthelf auf den Leser hernieder sausen lässt und von uns Gottesfurcht und bedingungslosen Glauben
fordert? Niemand.
Doch die Auseinandersetzung mit dem Bösen bleibt auch uns nicht
erspart. Der Versuchung sind nicht nur die Emmentaler Bauern ausgesetzt. Um eines schnellen Vorteiles
willen den rechten Weg zu verlassen ist wohl gerade in unserer Zeit hoch aktuell und der
Gedanke an den Zauberlehrling, der die Geister nicht mehr los wird,
liegt nah. Wir erkennen, die Spinnen sind noch da, die eine
zwar eingesperrt im Holz, andere aber frei.
In diesem Sinne wünsche ich dem Zuschauer zwei spannende Stunden,
ein erlösendes Aufatmen am Schluss und auf dem Nachhauseweg
ein paar ehrliche Gedanken zu sich und der Welt.
Thomas Ganz
Wort
des Präsidenten
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